In Hamburgs US Partnerstadt, Chicago, geht es ein wenig ruppiger zu als im beschaulichen Harburg. Stellen Sie sich vor, in unserem Harburg liegen zwei Männer am helllichten Tag tot auf offener Straße. Der Schütze ist auf der Flucht, der ganze Stadtteil in Aufregung. Die Geschichte füllt tagelang die ersten Seiten der Blätter. Man spricht vom Verfall der Sitten, sogar von „amerikanischen Verhältnissen“. Das ist (endlich) ein Ereignis. Man rätselt über das Psychogramm des „Killers“.
Nicht so in der Stadt bei den großen Seen. „News“ ist dort nicht, die tödliche Schießerei. So etwas kommt beinahe jeden Tag vor. „News“ in Chicago ist, wenn es auf einmal keine tödliche Schießereien gegeben hat.
So in diesem Monat. Chicago wird derzeit heimgesucht von dem fünftschwersten Winter in seiner Geschichte. Es fallen Unmengen von Schnee. Ein Wetter, bei dem ein Killer leichter davonkommt. Der Schnee bedeckt seine Spuren.
Und was weiß die „Chicago Tribune“ diese Woche zu berichten? – „Chicagos amtlicher Tötungsstand: letztes Wochenende keine tödliche Schießereien!“ (Beachten Sie bitte, lieber Leser, die Mehrzahl.) Mit erfreulicher Selbstironie schreibt das angesehene Blatt: „Chicago observed a rare feat this past weekend even despite the inclement weather: no shootings took place.“ (In Chicago ist sogar trotz des unfreundlichen Wetters von einer seltenen Errungenschaft zu berichten: es fanden keine tödliche Schießereien statt.)
Es steht zu befürchten, dass Gäste aus Chicago Harburg etwas langweilig finden könnten.
Kolumne
Regelmäßig schreibt der Harburger Flaneur im Elbe Wochenblatt am Wochenende. Unserem Spaziergänger fällt einiges auf: In dieser Woche vergleicht er Harburg und Chicago.
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